Mein Herz so weiß von Javier Marias
So fängt dieser Roman an...
Ich wollte es nicht wissen, aber ich habe erfahren, daß eines der Mädchen, als es kein Mädchen mehr wahr, kurz nach der Rückkehr von der Hochzeitsreise das Badezimmer betrat, sich vor den Spiegel stellte, die Bluse aufknöpfte, den Büstenhalter auszog und mit der Mündung der Pistole ihres eingenen Vaters, der sich mit einem Teil der Familie und drei Gästen im Eßzimmer befand, ihr Herz suchte....
Sehr interessant..oder?
Marcel Reich-Ranicki schrieb im Lierarischen Quartett. " Begeistert bin ich von diesem Marias, ich glaube, das ist einer der größten im Augenblick lebenden Schriftsteller der Welt...Ich habe seit vielen Jahren kein Buch gelesen, das mich so tief getroffen hat."
Für mich war es natürlich super schwer.
Trotzdem möchte ich gerne seine anderen Bücher weiter lesen.
Ich habe gehört, daß sein Buch " Morgen in der Schlacht denk am mich" ins Koreanische übersetzt worden ist.
Wer lust dazu hat, versucht es mal..
Die Szene finde ich sehr lustig.
Viel Spaß!!
Saya
Artemis
1634 (120 Kb); Oil on canvas, 142 x 152 cm (55 7/8 x 59 7/8"); Museo del Prado, Madrid
"Ich habe diese dicke Kuh satt", antwortete Mateu. Mateu ertrug Sofonisba nicht. " Ich mag diese dicke Kuh mit ihren Perlen nicht", insistierte er ( und es stimmt, daß Artemisia auf dem Rembrandt dick ist und Perlen um Hals und über der Stirn trägt). " Die kleine Dienerin, die hr den Kelch reicht, wirkt viel hübscher, aber es ist einfach nicht möglich, ihr Gesicht richtig zu sehen."
Mein Vater konnte nicht vermeiden, eine spöttische, das heißt überrachte und logische Antwort zu geben:
"Ja", sagte er, " so wurde es gemalt, klar, die dicke von vorne und die Dienerin von hintern."
Der Pyromane Mateu ließ das Feurzeug ab und zu ein paar Sekunden lag verlöschen, aber er entfernte es nicht von der Leinwand, und nach diesen Sekunden ließ er es wieder brennen und wärmte den Rembrandt. Ranz schaute er nicht an.
" Das is ja das schlimme", sagte er," daß es für immer so gemalt und daß wir nie wissen werden, was los ist, sehen Sie, Herr Ranz, es ist unmöglich, das Gesicht des Mädchens zu sehen oder zu wissen, was die Alte im Hintergrund soll, das einzige, was man sieht, ist die Dicke mit ihren beiden Ketten, die nie den Kelch nimmt. Sie soll ihn verdammt noch mal endlich austrinken, damit ich das Mädchen sehen kann, wenn es sich umdreht."
Mateu, ein Mann, der and das Wesen der Malerei gweöhnt war, ein Mann von sechzig Jahren, der seit fünfundzwanzig Jahren im Prado arbeitete, wollte plötzlich, daß die Szene eines Rembrandt weiterginge, die er nicht verstand ( niemand versteht sie, zwischen Artemisia und Sofonisba liegen Welten, es geht darum, einen Toden zu trinken oder den Tod zu trinken, das Lebe zu intensivieren oder zu sterben, es zu erweitern oder sich umzubringen). Es war absurd, aber Ranz verzichtete noch nicht darauf, ihm mit Vernunftgründen zu kommen:
" Aber verstehen Sie doch, das ist nicht möglich, Mateu", sagte er zu ihm, " die drei sind gemalt, sehen Sie denn nicht? Gemalt. Sie haben viel Kino gesehen, das ist kein Film. Sie müssen verstehen, daß man sie nicht anders sehen kann, das ist ein Gemälde, Ein Gemälde."
"Deshalb mach ich es hin", sagte Mateu, während er erneut mit dem brennenden Feuerzeug über die Leinwand strich.