Zitate
Er haderte mit sich, bis er sich schließlich sagte, es sei eigentlich ganz normal, daß er nicht wisse, was er wolle. Man kann nie wissen, was man wollen soll, weil man nur ein Leben hat, das man weder mit früheren Leben vergleichen noch in späteren korrigieren kann.
Jeder Schüler kann in der Physikstunde durch Versuche nachprüfen, ob eine wissenschaftliche Hypothese stimmt. Der Mensch aber lebt nur ein Leben, er hat keine Möglichkeit, die Richtigkeit der Hypothese in einem Versuch zu beweisen. Deshalb wird er nie erfahren, ob es richtig oder falsch war, seinem Gefühl gehorcht zu haben.
Inhalt
Der Roman erzählt von Leichtigkeit und Schwere, von Liebe und Untreue, von unserem Sein und der Tragweite unserer Handlungen.
Die wechselhafte Geschichte zweier ungleicher Liebespaare bildet den Rahmen.
Das sind der Chirurg Tomas und die Serviererin Teresa.
Tomas ist eine Kombination aus Don Juan und Tristan.
Sex ist für ihn ein Spiel oder eine Frage des Prestiges ohne emotionale oder moralische Verpflichtung.
Bei der ersten Begegnung mit Teresa wird Tomas von einem Gefühl der Verantwortung, des Mitgefühls und der Zärtlichkeit ergriffen, das er bisher nicht kannte und das eine Wende in seinem Leben herbeiführt.
Teresa liebt Tomas ohne Vorbehalte, leidet aber unter seinen Seitensprüngen.
Aus Sorge um das Schicksal ihrer Liebe hat sie Angstträume.
Gerade in Teresa's Schwäche, in ihrer Verletzlichkeit, liegt jedoch auch ihre Stärke.
Als Tomas auch in der Schweiz, wohin sie nach dem Prager Frühling ausgewandert sind, seine Seitensprünge nicht aufgibt, beschließt sie, nach Prag zurückzukehren.
Tomas folgt ihr, obwohl er sich bewußt ist, dass er aufgrund einer früheren politischen Veröffentlichung seine berufliche Existenz riskiert.
Unter dem Druck der "Normalisierung" muß er seine Stelle als Chirurg aufgeben und wird Fensterputzer, was allerdings seine erotischen Aktivitäten massiv steigert.
Auf dem Lande, wo Tomas und Teresa eine Arbeit bei einer heruntergekommenen landwirtschaftlichen Genossenschaft bekommen, ist Teresa nur in Gesellschaft ihres treuen Hundes Karenin ruhiger.
Heimliche Liebesbriefe an Tomas bringen bohrende Verdächtigungen in ihre Beziehung.
Als Tomas Teresa offenbart, dass die Briefe von seinem Sohn kommen, erkennt Teresa, dass sie ihm unrecht getan hat.
In diesem Moment des Ausgleichs, in dem sie erkennen, dass der eine nicht stärker ist als der andere, kommen beide durch einen Autounfall ums Leben.
Anders entwickelt Kundera die Geschichte von Sabina und Franz, dem zweiten Liebespaar. Hier ist Sabina der stärkere Pol der Beziehung.
Ihr Verhältnis ist von Unverständnis geprägt: Für Sabina haben die Wörter, die Franz gebraucht eine andere Bedeutung als für ihn. Im Roman erstellt Kundera ein Verzeichnis der unverstandenen Wörter: Das erste Wort des Verzeichnisses, "Frau", erhellt die Beziehung zwischen Franz und Sabina.
Die unterschiedliche Kindheit der beiden, die ganz anders geartete Umgebung, in der sie aufgewachsen sind, verleihen identischen sprachlichen Ausdrücken einen unterschiedlichen Sinn.
Die Liebe zur vom Ehemann verlassenen Mutter hat Franz' Beziehung zur Frau geprägt, denen er vor allem Mitgefühl, Verehrung und Treue entgegenbringt.
Für Sabina hingegen war die Liebe der Fluchtweg aus einer Welt der Pflichten, einer Welt, in der den Menschen sogar Geschmack, Freude und Glück aufgezwungen werden sollten.
Kundera versucht, mit diesem Roman zwischen dem Leichten und dem Schweren zu unterscheiden.
Die Leichtigkeit unserer Existenz wird damit aufgehoben und ins Schwere gedreht indem die Unwiderrufbarkeit einer Entscheidung oder Handlung auf uns lastet wie eine unendlich schwere Last.
Er wirft die Frage auf, ob wir, wenn wir auf einem fernen Planeten wiedergeboren werden würden und all die Erfahrung aus unserer Welt hätten, genau so gut oder gar besser handeln würden.
Kundera zweifelt diesen Sachverhalt an, überlässt dem Leser jedoch selbst seine persönliche Entscheidung darüber.
Buchkritik “Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins”
Der Bucheinband verspricht: “Die verschlungene, mehrfach gebrochene Liebesgeschichte zwischen Tomas und Teresa gibt den Rahmen ab für einen der witzigsten und intelligentesten Romane der vergangenen Jahre, der zugleich Leselust und höchste intellektuelle Ansprüche befriedigt.”
Und damit wird dem Leser nicht zuviel versprochen. Mit diesem seinem mit über einer Millionen verkauften Exemplare sehr erfolgreichen Roman erfüllt Milan Kundera allerhöchste literarische Ansprüche.
Wie so oft gibt das Geschehen rund um den Prager Frühling den Hintergrund der Erzählung ab.
Natürlich ist das Sujet des durch Revolutionen entwurzelten osteuropäischen Intellektuellen mittlerweile schon etwas abgenutzt, ganz Tschechien bestand natürlich früher aus denselben - genauso wie es in Ostpreußen Millionen von schwerreichen Großgrundbesitzern gab.
Kundera nimmt den Leser mit in die Freuden und Niederlagen, Liebesbeziehungen und Eifersüchte seiner Protagonisten.
Philosophische und weltanschauliche Fragestellungen werden diskutiert, der Mensch in den Verstrickungen seiner Leidenschaften.
Was ist in einer Beziehung wichtiger - Treue oder Freiheit? Was ist man bereit, für eine Beziehung zu opfern - Freiheit, Beruf, ...?
Das sind die schweren Fragen, um die sich “Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins” dreht - erzählt mit einer virtuosen Leichtigkeit in dem besonderen Flair der Romane Milan Kunderas.
www.kundera.de
Wörter
1)Mit etw.hadern.
geschr.. mit etw. (dauernd) unzufrieden sein u. darüber jammern.
2)Tragweite die nur Sg. geschr. fig.
Bedeutung Wirkung
3)Prestige
Ansehen, Geltung bei anderen
4) Vorbehalt der.
ein V. (gegen j-n/etw.) e-e Einschränkung, die unter Umständen geltend gemacht werden muss.
5) bohrend
(über längere Zeit ) sehr unangenehm u. lästig
6) geartet irgendwie g.
in der genannten Art, mit der genannten Eigenschaft.
Das Problem ist komplizierter geartet als ich dachte.
7)j-d/ etw. gibt etw. ab. gespr.
j-d/ etw. stellt etw. dar
Er wird e-n guten Ehemann abgeben.
8) Sujet das. geschr.
ein Thema od. Motiv, das in e-m künstlerischen Werk darstellt wird.
9) Flair das
Atmosphäre