SPIEGEL onLINE - 14. Oktober 2002, 12:23
Autor Kertész: "Sprachliches Missverständnis"
Kertész findet Walser-Buch nicht antisemitisch
Der neue Literaturnobelpreisträger Imre Kertész findet Martin Walsers Roman "Tod eines Kritikers" keineswegs "antisemitisch", wie am Wochenende irrtümlich berichtet wurde. Der Suhrkamp Verlag teilte mit, dass es sich um ein sprachliches Missverständnis handele.
Frankfurt - Der Frankfurter Verlag verbreitete am Montag eine Erklärung des ungarischen Autors, in der dieser einen Bericht der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" ("FAS") korrigiert.
Dort war der neue Literaturnobelpreisträger mit den Worten zitiert worden, Walser habe ihn mit Passagen aus seinem Roman persönlich verletzt. Diese Darstellung beruhe jedoch auf einer "sprachliche Verständigungsschwierigkeit", schreibt Kertész.
Der Autor stellt in der Erklärung weiterhin klar, "dass er mit Martin Walsers Roman keinen Antisemitismus-Vorwurf verbindet, da er dieses Buch nicht gelesen hat".
Er könne sich deshalb "auch nicht persönlich von diesem Buch oder von im Fernsehen daraus vorgelesenen Passagen verletzt fühlen." Die Darstellung der Zeitung sei falsch.
Kertész habe bei dem Gespräch mit der Zeitung lediglich bemerkt, starke persönliche Verletzungen bei Martin Walser selbst gespürt zu haben, als er diesen im Fernsehen aus seinem Text lesen sah.
Kertész bedauerte in seinem Schreiben, "dass eine sprachliche Verständigungsschwierigkeit zum Anlass genommen wurde, die Debatte um Walsers Buch neu in Gang zu setzen."